"DER BLAUE BERG" - Die Geschichte des Namens
Die Lama- und Hundezucht vom "Blauen Berg" befindet sich am Südhang des heute "Glaserberg" genannten, zweithöchsten Hügels des Elsässer Juras, auf dem Gelände des Hornihofs.
Dieser Ort hat eine reiche Geschichte und um sie zu verstehen muss man die Orts- und Flurnamenforschung zu Hilfe nehmen. Diese ist keine exakte Wissenschaft, aber auch keine esoterische Spekulation, sondern eine Form der Archeologie, die auf den Spuren basiert welche sie in der mündlichen Ueberlieferung und den schriftlichen Archiven findet. Die offizielle Archäologie anerkennt meist nur was sie selbst ausgegraben hat, aber die beiden Techniken ergänzen sich bestens, wenn auch in unserem Fall nur oberflächliche Grabungen stattgefunden haben und das vor über 100 Jahren.
Der Hügelzug "Glaserberg" erstreckt sich über ca. 6 km vom Dorf Winkel bis in die unmittelbare Nachbarschaft von Kiffis. Sein östlicher Gipfel, 789 m hoch, heisst heute "Glaserkopf". Er erhebt sich über dem Hof "Blochmont" und der gleichnamigen Burgruine. Gleich daneben, direkt oberhalb von Kiffis und etwas tiefer gelegen als der Glaserkopf, befindet sich der Hügel "Am Blauenberg" (siehe obenstehende Karte).
Der Name "Glaserberg/Kopf" ist höchstwahrscheilich neueren Datums und möglicherweise mit der Familie Horni, nach welcher unser Hof benannt ist, verbunden. Nach Informationen die ich von einem Mitglied dieser Familie erhalten habe, ist sie zu Zeit der beginnenden Industrialisierung, aus Böhmen, über die Schweiz bis ins Elsass und die Vogesen eingewandert. Böhmen ist seit jeher bekannt für seine Glaswaren und sein Kristallglas.
Vor dieser Zeit dürfte der Name des Glaserkopfs wohl ebenfalls "Blochmont" gewesen sein, wie der Pass, der Hof und die Burg auf seiner östlichen Flanke.
Dieser Gipfel ist von weitem zu sehen, insbesondere vom Sundgau, von der Rheinebenen aber auch vom Schwarzwald und den Vogesen aus.
Im Laufe der historischen Wechsel der nationalen Zugehörigkeit und der offiziellen Sprache im Elsass, hat sich dieser aus "Blauenberg" über das hybride "Blaumont" (französische Aussprache "Blomont") zum heutigen "Blochmont" entwickelt.
In der ganzen Region finden sich etliche "Blauen", da diese Bezeichnung sich wahrscheinlich für die, in einem jungsteinzeitlichen Kalendersystem als Fixpunkte für die Bestimmung des Mondstandes dienenden, heiligen Mondberge überliefert hat. Dieser Aspekt verlangt nach einem Ausflug in die Urgeschichte.
Die europäischen Ackerbaugesellschaften der Jungsteinzeit (ab 5500 v.u.Z.) feierten Sonnen- und Mondfeste. Diese bildeten das Gerüst eines jahreszeitlich-zyklischen Ritual und Kultspiels, einem eigentlichen Drama des Kosmos und der Vegetation, das in einem grossen Lebensrad von der Gesellschaft zelebriert wurde.
Die Hauptfigur in diesem Drama ist die in der frühen Geschichte einer fast jeden Kultur nachweisbare Göttin/Urmutter-Priesterin/Königin. Sie hat viele Namen, doch in der Vielzahl lassen sich immer wieder überraschende Gemeinsamkeiten finden. So ist eine gemeinsame sprachliche Wurzel in ihrer ältesten Form Ana, manchmal Ane, Anu, Aka, Ama, Ma, Dana etc., was in unzähligen Sprachen Mutter, Grossmutter oder Ahnin heisst.
Sie hat ebensoviele Attribute, in Indien z.B. Ana-Purna, die nährende Mutter und hier bei uns, bis in nachkeltische Zeit, Bel-Ana oder Bel-Aka, die glänzende, scheinende, helle Mutter - Frau Holle - die weisse Göttin - la Dame Blanche.
Göttin von Hamangia - der Denker, Rumänien 5000 vor Chr..
Die keltischen Stämme und ihre Priesterkaste der Druiden eroberten ab 800 v.u.Z. nach und nach die alteuropäischen, matriarchalen Megalithkulturen mit denen sie sich vermischten und deren Göttinnen-Kult sie erst übernahmen und dann vermännlichten. Aus Belana wurde Belenus, der in gallo-römischer Zeit mit dem Sonnengott Belenus-Apollo weitertradiert wurde.
Die Christianisierung hat die Herrschaft des Patriarchats endgültig gefestigt, aber der alte Glaube hat noch lange unterschwellig überlebt und das megalithische Rad des Lebens hat bis zum heutigen Tag zahlreiche Spuren hinterlassen.
Die Daten dieses Lebensrades waren für eine primitive Ackerbaugesellschaft lebenswichtig. Zu ihrer Berechnung benutzten unsere Vorfahren ein System von Sichtlinien, sogenannten Visuren. Mar- kante Berggipfel wurden als Beobachtungspunkte gewählt von denen aus gesehen an gewissen Festtagen, z.B. der Sommersonnwende, die Sonne, bzw. der Mond hinter einem bestimmten gegenüberliegenden Berggipfel aufging.
In der Region Oberrhein heissen die entsprechenden Berge die dieses System bilden meist Belchen oder Blauen. Der Name Belchen, der die Sonnenberge kennzeichnet, stammt von BEL(A)KA ab. Die Blauen genannten Mondberge verdanken ihre Benennung dem älteren BELANA. Auf allen diesen Gipfeln befanden sich auch Kultplätze der Göttin, meist drei heilige Bäume (Buchen) mit einem steinernen Altar.
Bei Grabungen auf dem BLAUEN BERG wurde Anfang des 20. Jahr- hunderts Spuren, die auf einen solchen Steinaltar hinweisen, freigelegt. Einem der Göttin geweihten Fels (Bibelestein, Wibelestein=Frauenstein) wurden noch bis weit ins 20. Jht. im Volksbrauch übernatürliche Kräfte zugeschrieben.
Schon vor 30 bis 40 000 Jahren war das Lützeltal, mit seinen Kalkfelsen die den begehrten Rohstoff Silex (Feuerstein) lieferten, ein Zentrum der Produktion von Steinwerkzeugen. Da westlich des Juras lange keine Feuersteine mehr zu finden sind, wurden die lokalen Produkte weiträumig exportiert.
Hier ein paar Beispiele. Es sind Steinwerkzeuge die bei Grabungen nahe der dem Blauen Berg gegenüber liegenden Löwenburg gefunden wurden.
Im Verlauf der Jungsteinzeit bauten die Bewohner der Region den Gipfel des Blauen Bergs zu einem Refugium aus, einem befestigten Rückzugsort für Zeiten der Gefahr. Den folgenden Plan hat der deutsche Archäologe Gutman 1906 gezeichnet. Aber selbst mit dem Plan und gutem Vorstellungsvermögen, muss man genau hinschauen um die Spuren der Befestigungen im heutigen Zustand der Stätte zu erkennen.
Das äussere Verteidigungssystem, bestehend aus mehreren konzentrischen Schutzgräben (Karpa) ist auch heute noch gut zu erkennen. Der äusserste Ring umfasst die ganze Hügelkuppe, einschliesslich des Schlossbergs mit der mittelalterlichen Ruine Burg Blochmont.
Im späteren Verlauf der Geschichte gibt es ein paar Hinweise auf eine römische Präsenz und im Mittelalter wurde dann die Burg auf dem Schlosshügel gebaut, die im 16. Jahrhundert bereits wieder geschleift worden ist. Heute sind nur noch ein paar spärliche, von der Vegetation überwucherte Reste zu sehen. Der natürliche Charme dieses wildromantischen, das Lützeltal dominierenden Felsennests macht den Mangel an eindrücklicheren Ruinen aber wett.
Nächstes Bild: im Hintergrund Die mageren Reste des Hauptturms der Burg, von Tannen bewachsen. Danach: Blick vom Blauen Berg auf den Schlossberg, dahinter der Baselbieter Jura.
Blick aus Südosten auf den Blauen Berg, den im Plan gezeigten Felsabsturz kann man knapp durch die Bäume erkennen.
Literatur: Kurt Derungs - Geheimnisvolles Basel - Heiligtümer und Kultstätten im Dreiland - edition amalia